Grosses Schachbrett im Kleinbasel
Das Kleinbasel hat sein Schachbrett zurück. Am Unteren Rheinweg zwischen dem Bläsiring und der Offenburgerstrasse steht der Bevölkerung ein Grossschachbrett samt Figuren zur Verfügung. Das Schachspiel wurde auf Initiative des Neutralen Quartiervereins Unteres Kleinbasel in Kooperation mit der Buvette Dreirosen, dem Verein Rheinpromenade und dem Neutralen Quartierverein oberes Kleinbasel durch staatliche Stellen aufgemalt und bereit gestellt.
Benutzt werden kann das Schachbrett während der Öffnungszeiten der Dreirosenbuvette. Dort kann gegen Hinterlegung eines Pfandes der Schlüssel zu den Figuren bezogen werden. Die zur Verfügung stehenden Figuren standen lange Jahre vor dem Hauptgebäude der Mustermesse im Einsatz. Seit die dortigen Schachbretter im Zuge der Neugestaltung des Messeplatzes entfernt wurden, waren die Figuren bei der Messe Schweiz eingelagert. Nun erhalten sie am Unteren Rheinweg ein zweites Leben.
Quelle: Kleinbasler Zeitung
Quelle: Kleinbasler Zeitung
Lena Georgescu ist die beste Schachspielerin der Schweiz
Die Bernerin Lena Georgescu zählt zu den besten Schach-Spielerinnen – und sie hofft, dass die Netflix-Erfolgsserie «The Queen’s Gambit» auch andere Junge für den Sport begeistert. Lena Georgescu, 21, entspricht so gar nicht dem Klischee des Schachspielers. Junge Frau statt ein alter Mann. Adrette Erscheinung statt ungepflegten Äusseren. Offenes Auftreten statt Ignoranz gegenüber ihrer Umwelt. Die Bernerin ist eine von wenigen Top-Spielerinnen. In der Schweiz Nummer 1 bei den Frauen: Schweizer Meisterin von 2017 und 2021. Sich damit zu brüsten, ist nicht ihre Art.
Schach spielen gelernt hat sie von ihrem Vater. Der gebürtige Rumäne war in den 1990er-Jahren in die Schweiz gekommen, leitet heute eine psychiatrische Klinik. Lenas Mutter, eine Schweizerin, ist Sozialwissenschaftlerin und im Justizvollzug beschäftigt.
Lena ist neun, als sie im Schachklub Bern angemeldet wird. Dort erkennt man ihr Talent und rät den Eltern, das Kind zu fördern. «Aber meine Mutter und mein Vater sind das Gegenteil von über ehrgeizigen Eltern, wie man sie im Spitzensport oft beobachten kann.» Ihre Maturaarbeit trägt denn auch den Titel: «Die Bedeutung der Eltern für die Schachkarriere ihres Kindes». Lena wäre selbst gern Schwimmerin geworden – oder Kunstturnerin. Doch die Schule geniesst Priorität in der Familie – auch bei ihrem 17-jährigen Bruder. Dennoch erhalten beide Unterstützung. «Meine Mutter begleitet mich an Turniere – etwa nach London. Während ich spiele, schaut sie sich die Stadt an.»
Ein Jahr tingelt die Schweizerin als Profispielerin um die Welt. «Doch das war etwas zu viel für mich. Ich spiele wirklich gern Schach. Aber wenn ich nichts anderes mache, habe ich eine zu hohe Erwartungshaltung an mich.» Plötzlich habe man ihrem Spiel angesehen, «dass ich zu verbissen bin». Seit einigen Semestern studiert Lena nun Informatik und Mathematik an der Universität Bern. «Das ist Zufall, mich interessierte sonst nichts.» Der Schachleidenschaft widmet sie bis zu drei Stunden täglich. «Es fasziniert mich, dass ich nie auslerne, stets andere Möglichkeiten sehe und am Ende einer Partie jedes Mal aufs Neue erstaunt bin.»Auf ihrem Smartphone hat Lena 15 Schach-Apps. Ihre Bildschirmzeit gibt sie nicht preis: «Zu hoch!» Was derzeit Corona geschuldet sei. Mit Schach beschäftige sie sich jeden Tag. Ob beim Lesen von Nachrichten zum Thema, ob beim Blättern in den zig Büchern in ihrem Regal. Teilweise träumte sie sogar von Schach. «Meist schlechte Träume: mein Handy, das in einer Partie losklingelt und nicht mehr aufhört, oder dass ich gegen bestimmte Leute verliere.»Den Netflix-Filmhit «The Queen’s Gambit» hat sie selbstverständlich gesehen. Ihr Urteil: «Gut gemacht!» Das im Spiel häufig gezeigte «Damengambit» sei eine der meistgespielten Eröffnungen, wobei es verschiedene Varianten gebe. Auch Lena überrascht damit immer wieder einmal ihre Gegner. Kürzlich spielte sie an einem gemischten Turnier in Dänemark. Den Männern dort konnte sie zwar nicht das Wasser reichen, es spornt sie aber weiter an. «Ich werde nur besser, wenn ich auch gegen Männer spiele.» Einen guten Trainingspartner hat sie; ihr dänischer Freund ist ebenfalls Schachprofi. Er ist der Grund, warum sie ihre Nase derzeit nicht nur in Schachbücher steckt, sondern Vokabeln paukt. «Ich lerne Dänisch. Es ist sonst frustrierend, wenn ich bei ihm und seiner Familie bin, aber nichts verstehe.» Während des ersten Lockdowns vergangenes Frühjahr war sie längere Zeit in Dänemark. Das Paar sieht sich häufiger an Turnieren – oft irgendwo in Europa. «Wir Schachspieler sind halt irgendwie umherziehende Vagabunden.»
«Schweizer Illustrierte», René Haenig, am 12. Januar 2021
Ein Dreizüger von Emanuel Lasker
In der Schachgeschichte mit all ihren eindrucksvollen Persönlichkeiten ragt einer heraus: Emanuel Lasker (1868–1941). Nicht nur war er von 1894 bis 1921 – unglaubliche 27 Jahre lang – Weltmeister, länger als jeder andere, auch über das Schachbrett hinaus leistete er mit wesentlichen Beiträgen zur Philosophie und Mathematik Außergewöhnliches. Dennoch war Lasker, der mit dem befreundeten Einstein gelegentlich abends "ums Karrée" spazieren ging, nie auf seine Berliner "Gelehrtenstube" beschränkt, der "Weltenbürger" lebte auch in den Niederlanden und England und später, wegen all der Anfeindungen gegen Juden, in Russland und den USA. Nicht zuletzt deshalb erscheint die großartige dreibändige Biografie über ihn im Exzelsior-Verlag auf Englisch. Im Vorwort des nun erschienenen 2. Bandes schreibt Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik, dass Lasker ähnlich wie Einstein nicht in absoluten Wahrheitsbegriffen und den strikten Kategorien von "richtig" und "falsch" dachte, sei es im Leben oder Schach, sondern stets zu "relativieren" wusste und gerade dadurch so überlegen war. Noch mit 66 Jahren war der laut New York Times wie ein "Schachgott am Brett sitzende Doktor" riesig stark und wurde beim großen Turnier in Moskau 1935 Dritter vor José Raúl Capablanca, den er besiegte. - Auf dem Weg dorthin machte er im Wiener Schachclub Station und komponierte da für die "jungen Schachfreunde" diesen Dreizüger: Weiß zieht an und setzt im 3. Zug matt. [Nach 1.Kc3! muss der im Eck gefangene schwarze Springer ziehen: 1...Sb3 2.Kxb3 (oder 1...Sc2 2.Kxc2) und nun wegen des Zugzwangs 2...La7 3.Sxc7 matt!]Autor: Helmut Pfleger in: 23. September 2020
Chess Masters Live Longer
When Hikaru Nakamura, a U.S. chess champion who has been ranked as high as second in the world, won his age group at a small 5K race in Florida last year, it triggered a minor ripple of interest among the small circle of people whose interests overlap both pursuits. Chess, after all, is about as sedentary as it gets, with seemingly toxic levels of stress during high-end competitions. You expect players to keel over in the middle of games from a heart attack (as one did at the 2014 Chess Olympiad in Norway), not to win running races.
But a new study comparing the longevity of chess grandmasters and Olympic medal–winning athletes suggests otherwise—and its surprising results hint that our understanding of the health benefits and risks associated with exceptional performance, either physical or mental, still has some gaps.
Researchers at the universities of Melbourne and Queensland in Australia combed the records of the World Chess Federation to identify every grandmaster since 1950, when the term gained official status. They focused on 28 countries in Europe and North America included in the Human Mortality Database, which provides a baseline for how long people in the general population are expected to live. They also identified every Olympic medalist from those countries between 1950 and 2016. That gave the researchers a dataset of 1,208 grandmasters and 15,157 Olympic medalists, for whom they collected dates of death to determine whether they lived shorter or longer lives than the general population.
It’s pretty well established that elite athletes—even NFL players, at least according to some analyses—tend to live longer than the rest of the population. For example, a study published earlier this month tracked every French Olympic athlete between 1912 and 2012 and found that they lived, on average, 6.5 years longer than the general population, mainly due to a reduction in deaths from cancer. The simple narrative is that all that exercise makes them healthier. But when the French Olympians were divided into different event groups, even those in “precision” sports like archery and shooting seemed to have roughly the same longevity boost as marathoners and soccer players and so on.
Interestingly, there is evidence that success in other realms is also associated with longevity. For example, a famous study in 2001 found that Oscar winners lived about four years longer than Oscar nominees (though the statistical methods in that study have since been challenged). Perhaps the socioeconomic boost associated with success pays a dividend; there may also be psychological factors.
The picture is a little murkier for chess players. In fact, the only previous look at this question came from an obscure 1969 paper in the Journal of Genetic Psychology. As I explained a few years ago, this study used a very limited sample of 18th- and 19th-century chess masters to determine that world chess champions died earlier than outstanding chess masters, who in turn died earlier than lesser masters, who died earlier than the hacks who composed chess problems rather than winning tournaments. Increasing levels of excellence seemed to incur a progressively harsher toll on the chess players.
Results of the new study, with a far larger and less capricious dataset, were published in PLOS One earlier this month and found exactly the opposite. A chess grandmaster at age 30 is expected to live to 83.6, which is 7.7 years longer than the general population. Interestingly, the survival advantage of the chess players was essentially identical to the survival advantage of the Olympic medalists. Being great seems to be very good for you, independent of your physical habits.
There are all sorts of possible explanations and interpretations here. It may be that the people who make it to the top in both chess and sports tend to start life with a good set of genes, come from relatively privileged socioeconomic backgrounds, or have certain habits that make them both healthy and successful.
To my surprise, the explanation favored by the paper’s authors seems to be that aspiring chess champions “may be encouraged to make necessary health improvements (e.g. reduced smoking and alcohol consumption, improved nutrition, more regular cardiovascular exercise, etc.) to improve one’s cognitive performance.” It’s certainly true that many top chess players take their physical preparation very seriously. Still, I’m a little skeptical that the longevity benefits of chess come from physical fitness. After all, pretty much anyone in any cognitively demanding career stands to benefit from making those same generic health improvements. Nakamura’s time in that Florida 5K was 28:11, which is creditable, but for a male in his twenties, it’s not the sort of unusual performance you’d expect would signal an extra seven years of life.
It’s probably not worth spending too much time speculating on why chess players live longer, since this type of retrospective study can’t provide any solid answers. But the study does imply that the longevity benefit observed in elite athletes may have little to do with the herculean training efforts of their youth. Instead, other factors may be more important.
On that note, it’s worth pointing out one last longevity study, also published in the past few weeks. This one, in Circulation, focused on regular folks instead of world-beaters and looked for patterns in 42,000 deaths over a 34-year follow-up period in two major epidemiological studies. The researchers assigned subjects a risk score of either zero or one for five boringly familiar lifestyle risk factors: never smoking, keeping BMI between 18.5 and 24.9, getting at least 30 minutes of moderate or vigorous exercise per day, moderate alcohol intake, and a healthy diet. Those who ticked all five boxes had a life expectancy at age 50 that was 14 years longer for women and 12.2 years longer for men compared to those who ticked none of the boxes.
In other words, you don’t have to be a hero or a legend to live longer. You just have to take care of some very basic things. And the fact that heroes and legends tend to live longer may simply reflect the fact that their success is linked in some way to their ability to take care of these basics. Of course, I’m not suggesting you shouldn’t try to become a legend. That pursuit brings its own rewards, however far up the mountain you manage to climb—but immortality isn’t one of them.
Schachfiguren aus dem 10./12. Jahrhundert

Die Lewis Chessmen

Das Besondere an den Figuren ist ihre individuelle Ausführung und ihr Charakter: Es gibt Könige mit langen Haaren und Bärten und solche mit glatt rasiertem Gesicht, Ritter mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen und Schilden sowie Fusssoldaten mit einzigartiger Gestik. Aufgrund der unterschiedlichen Gestaltungselemente und Grösse der Spielsteine, die zwischen sieben und zehn Zentimetern variiert, gehen die Archäologen davon aus, dass es sich bei den Figuren um Bestandteile von vier verschiedenen Schachsets handelt, von denen zwei vollständig sind. 67 Figuren befinden sich im British Museum in London.
Mit Ausnahme der Bauern, die Marksteinen ähneln, besitzen alle Spielfiguren menschliche Züge. Die Köpfe sind überdimensioniert gross. Die Könige und Königinnen sitzen auf Thronen, die Springer sind Krieger auf einem Pferd. Kleidung und Waffen sind detailliert dargestellt, die Bischöfe sind mit einem Bischofsstab und einer Bibel ausgestattet. Einige der Türme sind als "Berserker" dargestellt, die mit wildem Blick in ihre Schilde beißen. Wissenschaftler haben solche "Berserker" als die wilden Krieger Odins in der nordischen Götterwelt identifiziert. Interessant ist, dass diese Bezeichnung auch in unserer Sprache Verwendung findet - als Synonym für einen besonders brutalen Menschen. Die meisten Spielfiguren betrachten das Spielgeschehen eher mit einem bestürzten Gesichtsausdruck. Die grössten Spielsteine sind die Bischöfe, die bis zu 10,2 cm hoch sind.
Das Besondere an den Figuren ist ihre individuelle Ausführung und ihr Charakter: Es gibt Könige mit langen Haaren und Bärten und solche mit glatt rasiertem Gesicht, Ritter mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen und Schilden sowie Fusssoldaten mit einzigartiger Gestik. Aufgrund der unterschiedlichen Gestaltungselemente und Grösse der Spielsteine, die zwischen sieben und zehn Zentimetern variiert, gehen die Archäologen davon aus, dass es sich bei den Figuren um Bestandteile von vier verschiedenen Schachsets handelt, von denen zwei vollständig sind. 11 Figuren können im Museum of Scotland und 67 im British Museum besichtigt werden.
Mit Ausnahme der Bauern, die Marksteinen ähneln, besitzen alle Spielfiguren menschliche Züge. Die Küfe sind überdimensioniert gross. Die Könige und Königinnen sitzen auf Thronen, die Springer sind Krieger auf einem Pferd. Kleidung und Waffen sind detailliert dargestellt, die Bischöfe sind mit einem Bischofsstab und einer Bibel ausgestattet. Einige der Türme sind als "Berserker" dargestellt, die mit wildem Blick in ihre Schilde beißen. Wissenschaftler haben solche "Berserker" als die wilden Krieger Odins in der nordischen Götterwelt identifiziert. Interessant ist, dass diese Bezeichnung auch in unserer Sprache Verwendung findet - als Synonym für einen besonders brutalen Menschen. Die meisten Spielfiguren betrachten das Spielgeschehen eher mit einem bestürzten Gesichtsausdruck. Die grössten Spielsteine sind die Bischöfe, die bis zu 10,2 cm hoch sind.
Bob Chessman
Fahim - ein Schachfilm
Der junge Fahim und sein Vater Nura sind gezwungen, aus ihrer Heimat Bangladesch zu fliehen und den Rest ihrer Familie zurückzulassen, um nach Paris zu gehen. Kurz nach ihrer Ankunft in der französischen Hauptstadt beginnt für die beiden ein wahrer Hindernislauf. Bis sie politisches Asyl erhalten, können sie jederzeit von der Regierung ausgewiesen werden. Dank seiner Begabung fürs Schach lernt Fahim Sylvain (Gérard Depardieu) kennen, einen der besten Schachtrainer Frankreichs. Auch wenn die beiden zwischen Misstrauen und Neugier füreinander schwanken, lernen sich die beiden schnell besser kennen und werden Freunde. Zu Beginn der französischen Schachmeisterschaft droht Fahim die Ausweisung und er hat nur einer Chance, dem zu entgehen: Er muss das Turnier gewinnen und Champion werden.
Hans Fahrni wird am 1. Oktober 1874 in Prag geboren. Seit frühester Kindheit spielt er Flöte und mit grosser Leidenschaft Schach. Nach einer abgebrochenen Lehre als Fotograf und einer krankheitsbedingten Entlassung aus der Fremdenlegion beginnt er seine Schachkarriere. 1904 wird Meister des Deutschen Schachbundes.1908 gewinnt er die ersten Turniere, 1911 gewann das Meisterturnier in San Remo. Im gleichen Jahr 1911 stellte er in München einen Weltrekord im Simultan auf, indem er gegen mehr als hundert Gegner spielt.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ruiniert seine Existenz. 1916 wurde Fahrni zum ersten Mal wegen Angstzuständen behandelt und interniert, er konnte aber trotzdem seine erste Publikation herausbringen: "Das Endspiel im Schach" (Leipzig 1917). Weil Fahrni als gefährlich gilt, wird er in die Schweiz abgeschoben und verbringt einen ersten Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik Waldau in Bern. Nach seiner Entlassung beteiligt er sich überall in der Schweiz an Turnieren. Sein ZustandÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ verschlechtert sich 1921 erneut, er hat er Halluzinationen und wird deshalb wieder in Waldau eingewiesen.
Fahrni befasst sich jetzt intensiv mit Kunstschach. Als erster Schweizer Studienkomponist schafft er über 150 ziemlich partienahe Studien. Hier eine Komposition aus dem Jahre 1921, erschienen in den "Basler Nachrichten".
Weiss zieht und gewinnt
Weiss gewinnt bei bester schwarzer Gegenwehr in 10 Zügen.
Fahrni befasst sich auch mit Kunst. In der Klinik Waldau zeichnet er oft und unterschreibt jeweils mit "H. F., Schachmeister". Im Mai 1922 veröffentlicht er die Abhandlung "Die Aljechin-Verteidung". In ruhigeren Phasen darf er nach Bern fahren, um dort Schach zu spielen. Weil er privat Schachstunden gibt, hat er jetzt ein wenig Geld im Sack. Er spielt regelmässig auch mit seinem Arzt, und Fahrni behauptet, der Doktor ertrage es nicht zu verlieren. Auch an ausländischen Turnieren darf er manchmal teilnehmen, zum 1925 in Wien. Er wird aber zunehmend gewalttätig. Als er während eines Turniers in Zürich in einem Hotel wohnt, fällt er dort durch sein exzentrisches Treiben auf. Er kauft mehrere Kilos Würfelzucker, die er mit Eau de Cologne übergiesst und auf die Strasse wirft. Dann fliegt der Inhalt seines Koffers aus dem Fenster des Hotelzimmers, gefolgt von den Möbeln.
Hans Fahrni bleibt bis an sein Lebensende gewalttätig und stirbt am 28. Mai 1939 in der Klinik Waldau an einer Lungenembolie.
Bob Chessman
Bei drei Weltmeisterschaften, 108 Länderspielen und 1000 Ligapartien erwarb sich der Verteidiger Bobby Moore den Ruf als "einer der Unsterblichen des Fussballs", so der damalige englische Premier John Major. Zum "Helden von Wembley" stieg Moore 1966 auf, als er das englische Team in der traditionsreichen Londoner Wembley Arena im Weltmeisterschaftsfinale als Mannschaftskapitän gegen die deutsche Elf zu einem 4:2-Sieg führte. Franz Beckenbauer war ein Rivale von Moore. Die beiden Männer zollten sich gegenseitig Respekt. Moore war nicht so schnell wie Beckenbauer, hatte aber die intuitive Fähigkeit, das Spiel zu lesen und damit den nächsten Spielzug vorzubereiten.
Beckenbauer erinnert sich noch heute daran, dass ihre Familien sich oft gegenseitig besuchten. Besonders denkt er daran, wie Bobby Moore und er an einem sonnigen Nachmittag im Garten von Bobby's Haus in Chigwell miteinander Schach spielten. Der Fotograf Terry O'Neill fotografierte die beiden Freunde Mitte der 70er Jahre.


Carlsen (13 Jahre alt)- Kasparow am Rapidturnier in Reykjavik (2004). Es war ihr erstes Aufeinandertreffen
Magnus – Der Mozart des Schachs ist ein norwegischer Dokumentarfilm von Regisseur Benjamin Ree. In einem Zeitrahmen von zehn Jahren zeigt Magnus den rasanten Aufstieg des Schachspielers mit Fokus auf seinen Weg zum Weltmeister im Jahr 2013. Ree konnte neben den Drehaufnahmen für seine Dokumentation über 500 Stunden Archivaufnahmen auswerten. Der Film ist als DVD erhältlich.
Wie Ihr alle wisst, hat der amerikanische Singer-Songwriter Bob Dylan (*1941) den Literaturnobelpreis 2016 erhalten. «Ob ich den Preis annehme? Selbstverständlich. Die Auszeichnung ehrt mich sehr», zitierte das Nobelpreiskomitee Bob Dylan in einer am 29. Oktober 2016 verbreiteten Erklärung. Allerdings ging Dylan nicht nach Stockholm, um den Preis persönlich entgegen zu nehmen.
Nur wenige wissen, dass Bob Dylan auch ein passionierter Schachspieler ist. Dylan lebte 1964 in New York, von dort reiste er ab und zu nach dem 270 Meilen entfernten Woodstock, um in aller Ruhe neue Songs zu schreiben. Der Fotograf Daniel Kramer begleitete Dylan damals ein Jahr lang und machte Aufnahmen in den Studios und von verschiedenen Alltagsszenen. Kramer wollte jeweils auch in Woodstock einige Aufnahmen machen, aber Dylan wollte nicht irgendwelche gestellten Fotos. Einmal war es gerade Zeit für einen Lunch und Dylan ging wie so oft zum «Bernard’s Café Espresso», einem beliebten Lokal. Er spielte dort nach dem Essen auch manchmal Schach mit seinem Roadmanager Victor Maymudes, so auch an jenem Tag. Kramer machte davon eine ausgiebige Fotostrecke, eine Aufnahme seht Ihr unten. Die junge Frau und ihr Sohn, die kiebitzten, waren Einheimische, die Dylan gut kannte.

Viele Jahre später (1984), machte der Musiker Bono der Band «U2» ein Interview mit Dylan. Unten ist ein kleiner Ausschnitt daraus, in dem es um Schach geht:
Bono: «Chess, do you play chess?» Dylan: «Yeah, I play chess. Are you a chess player?» Bono: «I am a chess player.» Dylan: «I'm not that good actually.» Bono: «I'll challenge you to a game of chess.» Dylan: «I don't have it right now actually, I just don't have one on me, but the next time you see me!» Bono: «Oh, you can get these little ones you know, that you can carry around». Dylan: «Yeah, I take them on tour all the time, but nobody in the band will play me.» Bono: «Really?» Dylan: «Yeah, they say it's an ego trip. They say I want to win, I don't want to win, I just like to play.» [...] Bono: «What's your opening game?» Dylan: «My opening game, you mean king's pawn up two - and all that? I don't know.» Bono: «You just takes it as it comes.» Dylan: «Yeah. I don't really play that seriously.» […] Dylan: *Somebody may have a chess game here.» Bono: «I'd love to play.» And then, just as they were on the search for a chessboard, Van Morrison entered the room and spoilt everything!
Bericht: Bob Chessman
Bobby Fischer: Pawn Sacrifice
Die Medien schlachteten damals die im Jahre 1972 in Reykjavik ausgetragene Schachweltmeisterschaft zwischen dem US-Amerikaner Robert James “Bobby” Fischer und dem Russen Boris Spassky als “Match des Jahrhunderts” aus. Erst jetzt dramatisiert ein neuer Film diesen Wettkampf. Regie: Edward Zwick.
Ehe es zum eigentlichen Wettkampf in Islands Hauptstadt kommt, vergeht eine gute Filmstunde. Nach kurzem Epilog, einer schwarzweissen TV-Nachrichten-Collage zum Aufeinandertreffen der beiden Schachgenies, springt das Drama zurück in das Jahr 1952. Bobby wächst in ärmlichen Verhältnissen in Brooklyn bei seiner alleinerziehenden Mutter Regina auf. In der Wohnung der Mutter treffen sich Bohemiens und Intellektuelle, beobachtet vom FBI. Die Atmosphäre ist angespannt und politisch aufgeheizt. Vielleicht fusst hier die lebenslange Paranoia Fischers, der sich ständig bespitzelt und – obwohl selbst Jude – als Opfer der “jüdischen Weltverschwörung” fühlt.
Es folgen Kalter Krieg und Vietnam, Studentenunruhen und Watergate… mittendrin Fischer, der sich für nichts ausser für Schach interessiert. Als 15-Jähriger wird er der jüngste Grossmeister der Geschichte, mit 20 gewinnt er die US-Meisterschaften, ohne Remis, ohne eine Partie zu verlieren – das ist bis heute niemandem mehr gelungen. Eine herbe Niederlage fügt ihm Spassky 1966 beim Piatigorsky Cup in Santa Monica zu – Fischer ist so erbost, dass er als Zweiter der Siegerehrung einfach fernbleibt.
Wie nebenbei zeigt der Film das Bild einer Gesellschaft im Umbruch, er erzählt von konträren politischen Welten, die mit Wucht aufeinaderprallen, von zwei “missbrauchten” Galionsfiguren, die in gewisser Weise das “Bauernopfer” des Titels sind. Brillant gibt Tobey Maguire den Exzentriker Fischer, der Psychedelic-Hit “White Rabbit” von Jefferson Airplanes illustriert seinen Geisteszustand. Liev Schreiber ruht als sonnenbebrillter Spassky (fast immer) in sich, spricht den gesamten Film nur russisch und ist letztlich der einzige, der die Genialität seines Widersachers erkennt und diesen sogar zu schätzen weiß.
Regisseur Edward Zwick gelingt das vorzügliche Porträt eines Mannes, den niemand wirklich verstand, der aber heute noch die Menschen fasziniert – ob sie nun Schachspieler sind oder nicht.
Bericht: Bob Chessman
Max Ernst: Der König spielt mit der Königin

"The King playing with the Queen"
Das Werk zeigt eine gehörnte Gestalt, die an einem Schachbrett sitzt und spielt. Die Hauptfigur – der König des Spiels – lässt an den Minotaurus aus der griechischen Mythologie denken, ein Ungeheuer, halb Mensch, halb Stier. Max Ernst hat diese wichtigste Figur des Schachspiels vom Brett genommen und selber in einen Schachspieler verwandelt. Dabei wird die Königin von der rechten Hand des Königs geschützt und zugleich am Voranschreiten gehindert, während er in der anderen eine weitere Spielfigur verbirgt. Der dämonische König spielt mit seinen Untertanen offenbar nach eigenen Regeln – das Spiel spielt sich selbst. In der vorderen Reihe stehen drei Kegel als Bauern, denen in der hinteren Reihe Läufer, Springer und Turm zugeordnet sind. Für die beiden Läufer goss Ernst Löffel ab und setzte jeweils zwei Abgüsse aneinander. Hier wie auch bei den anderen einfachen stereometrischen Formen dienten Gebrauchsgegenstände wie Küchentrichter, Farbdosen oder Pappkartons als Inspirationsquelle.
Wenige Monate nach seiner Entstehung wurde das Werk auf der legendären Gruppenausstellung The Imagery of Chess gezeigt, auf der Künstler wie Breton und Duchamp, Calder und Zadkine Werke zum Thema Schach präsentierten. Zusammen mit Gemälden und anderen Skulpturen stellte Max Ernst einen Bronzeguss der Plastik 1954 auf der XXVII. Biennale in Venedig aus, wo ihm der internationale Durchbruch gelang.
Max Ernst an der Biennale in Venedig (1954)
Ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod erhielt der international bedeutendste deutsche Künstler des 20. Jahrhunderts ein eigenes Museum. Die Stiftung Max Ernst, Brühl, liess ein klassizistisches Benediktusheim in der Nähe des Schlosses Augustusburg durch einen modernen Anbau zum Max Ernst-Museum erweitern. Nach dem Ankauf der Sammlung Tanning, die fast das gesamte plastische Werk von Max Ernst umfasst, ist die Erwerbung von "The King playing with the Queen" mit Hilfe mehrerer Sponsoren das Highlight des neuen Museums.
Bob Chessman
Jugend, Studium und Heirat
Unser Schachkollege hat sich bekanntlich für das königliche Spiel entschieden. 1947 trat er in den Schachklub Krone (Zürich) ein. 1949 nahm er zum ersten Mal an der SEM teil (Schaffhausen,HT3). 1951-1953 gab es keine schachlichen Aktivitäten wegen zweier Domizilwechsel (zuerst nach Insund später nachKüngoldingen/AG). 1954 trat er in den Schachklub Rothrist ein.

Vladimir Nabokov: Lolita, Schmetterlinge und das Schach
Vladimir Nabokov wurde am 23. April 1899 in St. Petersburg geboren. 1919 wanderte er nach Grossbritannien aus. In Cambridge studierte er Sprachen und Entomologie (Insektenkunde). Später lebte er in Berlin und Paris. 1940 emigrierte er in die USA und erhielt 1945 die amerikanische Staatsbürgschaft. Von 1948-1959 war er Professor an der Cornell University in Ithaca. Seit 1961 residierte Nabokov mit seiner Gattin im "Montreux Palace" am Genfersee. Heutzutage bietet das "Fairmont Le Montreux Palace" für Aficionados eine "Nabokov Suite" an.Die Beschreibung des Hotels lautet:
"Unsere Nabokov Suite verfügt einen Wohn- und Schlafbereich. Diese Suite ist ein Teil der Räumlichkeiten, die Vladimir Nabokov während 16 Jahren im Fairmont Le Montreux Palace bewohnte. Die Badezimmer sind mit Marmor versehen und vom Balkon aus ist der Blick auf den Genfer See wunderschön."
Nabokows grosse Leidenschaft war seit Kindesbeinen das Sammeln von Schmetterlingen. Nun, als er in Montreux lebte, fing er sie auf den Wiesen der Waadtländer Voralpen, in Italien, Frankreich und Spanien. Seine grosse Schmetterlings-Sammlung umfasste 4323 Exemplare und wird heute im "Musée Cantonal" in Lausanne aufbewahrt. - Nach einem reichen Leben starb Nabokov am 2. Juli 1977 im Alter von 78 Jahren in Montreux. Harald Bergmanns zweistündiger Filmessay "Der Schmetterlingsjäger" erzählt über den Schriftsteller und Schmetterlingsforscher Vladimir Nabokov.
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
Denkmal für Vladimir Nabokov im Garten des "Fairmont Le Montreux Palace"
Die meisten Leute kennen Nabokov nur wegen seines skandal-umwitterten Romans Lolita (1955). Das Buch war ein Bestseller und wurde zweimal verfilmt: von Stanley Kubrick (1962) und von Adrian Lyne (1997).
Weniger bekannt ist Nabokovs Liebe zum Schach. Sein erster erfolgreicher Roman (1930) hieß Lushins Verteidigung. Er handelt vom Leben des großen Schachspielers Alexander Lushin, der völlig auf das Schach fixiert ist. Lushin wird von seinem Mentor durch halb Europa von Turnier zu Turnier geschleppt. Lushin sucht lange verzweifelt eine Verteidigung gegen die Eröffnung seines Erzrivalen Turatti. Am Ende der lang erwarteten Partie gegen seinen Rivalen Turatti bricht Lushin zusammen:
„Da geschah etwas ausserhalb seines Wesens, ein beissender Schmerz, ein lauter Aufschrei. Er schwenkte seine Hand, die mit dem brennenden Streichholz in Berührung gekommen war, das er angezündet und dann vergessen hatte, an die Zigarette zu führen. Der Schmerz verging sofort, aber in dem Schein des Flämmchens hatte er etwas unfaßbar Schreckliches erblickt. Das Grauen der Abgründe, in die er hinab getaucht war, ergriff ihn. Nur unter Überwindung schaute er wieder vor sich auf das Brett, doch sein Denken erlosch in einer nie zuvor empfundenen Müdigkeit. Aber das Schachspiel war unerbittlich, es hielt ihn fest und sog ihn förmlich auf. Schrecken barg es, doch lag in ihm auch die einzig mögliche Harmonie verborgen, denn was existierte schon in der Welt ausser dem Schach? Banalität, Ungewißheit, Leere.“
Die Partie wird abgebrochen und nie mehr weiter geführt. Nach ärztlicher Behandlung erholt sich Lushin zwar, aber der Arzt empfiehlt ihm dringend, das Schach aufzugeben. Lushin verteidigt sich umsonst gegen die Gedanken, die um das Schach kreisen. Er verliert zunehmend die Kontrolle über die Realität, bis sein ganzes Leben von seiner letzten, abgebrochenen Partie gegen Turatti beherrscht wird. Lushin glaubt, dass alles, was um ihn herum geschieht, im Zusammenhang mit dieser letzten Partie steht. - Wie das Drama endet, sei hier nicht verraten.
Man hat natürlich gerätselt, welche Schachmeister als Vorbilder für die beiden Protagonisten Lushin und Turatti dienten. Das Vorbild für Lushin war wahrscheinlich der geniale Alexander Aljechin. Dazu gibt es einige Hinweise: Lushin hat die Vornamen Alexander Iwanowitsch und er gewann wie Aljechin schon in jungen Jahren sein erstes Turnier. Die ‚Aljechin-Verteidigung‘ brachte neue Ideen ins Schach, genau so wie die ‚Lushin Verteidigung‘. Aber auch die seelische Struktur Aljechins und die Stellung Aljechins in der damaligen Schachwelt kann mit derjenigen von Lushin verglichen werden. Mit dem stämmigen Turatti ist zweifellos Richard Reti gemeint, heißt es doch im Roman über Turatti:„Dieser Spieler, ein Vertreter der modernsten Richtung im Schach, begann die Partie mit einer Entwicklung der Flanken, wobei er darauf verzichtete, das Zentrum mit eigenen Bauern zu besetzen.“ Allerdings ist dieser Roman nicht als Schlüsselroman gedacht. Er soll ganz allgemein die Gefahren einer masslos übersteigerten Leidenschaft für das Schach aufzeigen. In diesem Sinne ist der Roman zeitlos und damals wie heute faszinierend.
Nabokov und das Problemschach
Das Schachspiel war für Nabokov mehr als nur ein Zeitvertreib in schlaflosen Nächten. Er hat im Schach viele Analogien zur Literatur gesehen und diese Analogien auch genutzt. Denn es waren dieselben ästhetischen Freuden, die er hier wie dort empfand, es war dasselbe Grundmuster von Finten, Irreführungen und lange vorbereiteten Intrigen. Lassen wir den Autor selber über seine Problemkunst sprechen:
„Wie oft habe ich darum gerungen, die schreckliche Macht der weissen Königin so zu fesseln, dass es kein Mattdual geben konnte! Man muss sich darüber im klaren sein, dass der Kampf bei Schachproblemen nicht eigentlich zwischen Weiss und Schwarz stattfindet, sondern zwischen dem Problemautor und dem potentiellen Löser. Der Wert eines Problems hängt damit zu einem großen Teil von der Zahl der Versuche ab. Es gibt täuschende Eröffnungen, falsche Fährten und trügerische Lösungswege, mit Scharfsinn und Liebe erfunden, um den Löser ins Irre zu führen.“
Hier ein Problem von Vladimir Nabokow: Matt in drei Zügen. Stellung Weiss: Kh7, Th8, Sa4, Lc8, Bc4, d5, e6. Schwarz: Ka6, Sb7, Lb6, Ba5, a7, c5, d6, d7.
Bob Chessman
Die Poesie der Primzahlen: Michail Tal (1936-1992)
Kein Meisterspieler hatte, so würde ich meinen, mehr Persönlichkeit als der lettisch-russische Schachweltmeister Michail Tal, der "Zauberer von Riga". Viele seiner Partien sind Meisterwerke. In Höchstform zeigte Tal eine Tollkühnheit, die schon an Leichtsinn grenzte. Er stürzte sich immer vorbehaltlos ins Gefecht und forderte Probleme geradezu heraus. Darüber sagte er einmal: "Man muss seinen Gegner in den tiefen dunklen Wald schleppen, wo zwei und zwei gleich fünf sind und von wo es nur für einen von beiden einen Ausweg gibt."
Auch er verirrte sich gelegentlich in den Tiefen dieses Waldes. Bei einem Simultanturnier gegen 20 Amerikaner kämpfte der Großmeister gegen einen unerschrockenen und begabten Zwölfjährigen. In einem entscheidenden Moment opferte Tal seine Dame, um die Initiative zu gewinnen, aber das Opfer war letztlich doch zu groß, und er verlor. Der ehemalige Weltmeister zuckte nur mit den Schultern und schüttelte als fairer Verlierer dem Jungen die Hand, bevor er die restlichen Partien zu Ende brachte.
Tal war jemand, der sich auf den Feldern des Spielbretts gefühlvoll vortastete, denn das Fühlen ist auch eine Art zu denken. In seiner Autobiografie steht eine kleine, aber wundervolle Anekdote über diesen intuitiven Ansatz. Tal beschreibt einen Wettkampf gegen den Großmeister Jewgeni Wassjukow bei der UdSSR-Meisterschaft 1964 in Kiew. Beide Gegner hatten sich durch wagemutige Züge in eine verwickelte Stellung manövriert. Tal erzählt, wie er lange über seinen nächsten Zug brütete. Der Weg zum Sieg, das spürte er, begann mit einem Springeropfer, aber die ungeheure Anzahl möglicher Varianten brachte ihn durcheinander; geistiges Chaos folgte. Dann, plötzlich, hatte er wie aus dem Nichts einen amüsanten Vers des Kinderlieddichters Tschukowski im Kopf: "Oh, wie schwierig war es doch, das Nilpferd aus dem Sumpf zu ziehen."
Tal hatte keine Ahnung, wieso sein Gehirn diesen Text assoziierte. Aber jetzt hatte es ihn gepackt: Wie genau würde man denn zu Werke gehen, um ein Nilpferd aus dem Sumpf zu ziehen? Unter den atemlosen Blicken der Zuschauer und Journalisten durchdachte der Großmeister zahlreiche Nilpferdrettungsmethoden: Flaschenzüge, Hebel, Hubschrauber, "sogar eine Strickleiter". Auch hier kam er zu keinem Ergebnis. "Dann muss ich es ertrinken lassen", sagte er schließlich missmutig zu sich selbst. Sofort wurde sein Kopf klar, und er entschloss sich, seinen Instinkten zu vertrauen und einfach zu spielen. Am nächsten Morgen las er in der Zeitung, "Michail Tal überdachte den nächsten Zug 40 Minuten lang sorgfältig, bevor er schließlich mit präziser Vorausberechnung eine Figur opferte."
Bevor wir uns von Tal verabschieden, noch ein Wort zu seiner Schachausbildung. Der junge Michail lernte schwindelerregend schnell. Mit acht Jahren eignete er sich das Schachspiel aus Beobachtungen der Partien von Patienten in der Klinik an, in der sein Vater arbeitete. Der Junge war kein Wunderkind, ganz im Gegenteil. Sein jugendlicher Stil machte ihn zu einem der vielen Anfänger, bei denen ältere Spieler ihre Punkte sammelten. Erst mit zwölf Jahren wandte er sich dem Schachspiel ernsthaft zu. Der lettische Schachmeister, Journalist und Trainer Alexander Koblenz nahm ihn 1949 unter seine Fittiche. Nach zwei Jahren (1951) qualifizierte sich der Jugendliche für die Allunionsmeisterschaft; ein Jahr später (1952) erzielte er einen höheren Rang als sein Trainer. Wieder ein Jahr darauf, mit 17, errang er den Meistertitel Lettlands.
Solche schnellen Fortschritte erinnern an die Geschwindigkeit, mit der wir unsere Muttersprache erlernen. Nur vier Jahre trennten den Anfänger Tal von seinem ersten Titel: UdSSR-Meister 1957; nur vier Jahre trennen – gewöhnlich – das Baby vom fließenden Sprechen. In beiden Fällen macht die Anleitung durch einen Erwachsenen den entscheidenden Unterschied. Auf sich allein gestellt kann weder das Kleinkind noch der Schachanfänger mit großen Fortschritten rechnen. Sprachwissenschaftler sagen, dass Kinder die Sprache anhand hochstrukturierter Vorbildäußerungen erlernen; sie werden von den Eltern langsamer, fragender und in kürzeren Sätzen, die eher abrupt klingen, angesprochen. So lernt auch der Schachspieler das Beste aus den Ratschlägen eines Trainers; er bekommt viele Muster und Zugfolgen gezeigt, die das Spiel eines Experten ausmachen."

Die Wikinger
Das British Museum präsentiert neue Fakten und Funde in einer grossen Schau über die Wikinger. Allzu Erklärendes und Folkloristisches wird dabei vermieden. Der Stil der Darbietung ist sachlich, abgesehen von einem Soundtrack aus Meeresrauschen, der die Zuschauer auf den Eintritt in den grossen Saal vorbereitet, in dem das grosse Wikinger-Schiff zum Staunen einladen soll. Auch die Lewis Chessmen erhalten ihren gebührenden Platz (siehe den Artikel weiter unten).
Wer tiefer in das Leben und die Geschichte der Wikinger eintauchen will, kann auf den umfangreichen Katalog zurückgreifen, der sich in fünf übersichtliche Kapitel von "Glauben und Rituale" bis hin zu "Kriegsführung und militärische Expansion" gliedert. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem dänischen Nationalmuseum und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin, wo sie ab September im Martin-Gropius-Bau gezeigt wird. In London wird übrigens mit dem gross aufgezogenen Thema zugleich eine neue Ausstellungshalle des British Museum eingeweiht. Die sogenannte Sainsbury Exhibitions Gallery bietet auf 1100 Quadratmetern Fläche üppigen Platz für weitere Grossausstellungen in der Zukunft.
Die Ausstellung dauert bis zum 22. Juni 2014. Publikation: Gareth Williams, Peter Pentz, Matthias Wemhoff: Vikings – Life and Legend. British Museum, London 2014. 288 S., 350 Illustrationen, £ 25.–.
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
José Raúl Capablanca (1888–1942)
Auf den faszinierenden kubanischen Schachgrossmeister und ehemaligen Weltmeister (von 1921-27) José Raúl Capablanca war der italienische Autor und Bibliothekar Fabio Stassi durch den Hinweis eines Freundes aufmerksam geworden. Dieser wollte eine Biografie über den Kubaner schreiben, starb dann jedoch bei einem Autounfall – so realisierte Fabio Stassi also das Projekt seines Freundes. Die Irrungen und Wirrungen dieser berühmten Schachlegende und des Grandseigneurs der Grossmeister lieferten natürlich reichlich Stoff.Der Roman "Die letzte Partie" ist sehr lesenswert. In 64 Episoden stellt Fabio Stassi das spannende Leben Capablancas dar.
José Capablanca wurde am 19. November 1888 in Havanna als Sohn eines Kolonialbeamten geboren. Er galt als Wunderkind, erlernte das Schachspielen bereitsmit vier Jahren und gewann bereits im Alter von 12 Jahren einen Wettkampf gegen den kubanischen Landesmeister Juan Corzo.
Später studierte Capablanca an der Columbia University in New York City Chemie und Sport.1909 gewann er einen Wettkampf gegen den amerikanischen Meister Frank Marshalldeutlich mit 8:1 bei 14 Remisen. Seinen internationalen Durchbruch hatte er beim Turnier in San Sebastian 1911, das er vor vielen bekannten Meistern gewann. Seit 1913 war er im diplomatischen Dienst Kubas, konnte sich aber de facto völlig dem Schach widmen. Der Kubaner war ein umgänglicher Geniesser, der vor allem die Ästhetik einer Partie schätzte und sich an brillanten Kombinationen freuen konnte. Er lehnte es ab, sich intensiv mit theoretischen Studien oder Neuerungen zu beschäftigen – „learning by doing“ war seine Devise. Capablanca war in erster Ehe mit Dona Gloria Simoni Bethencourtverheiratet. 1937 liess er sich scheiden. Am 20. Oktober 1938 heiratete er in New York seine zweite Ehefrau Olga Clark (* 23. September 1898 in Caucasus, † 24. April, 1994 in Manhattan).
Capablancagewann bald unzählige Turniere.Er gewann1921 in Havanna das Duell um den Weltmeistertitel gegen Dr. Emanuel Lasker, der den Titel 27 Jahre lang verteidigt hatte (4 Siege, 10 Unentschieden, keine Niederlage).
Capablanca verlor dann den Weltmeistertitel 1927 in Buenos Aires an Alexander Aljechin (3-6 Siege, 25 Remispartien). Dieser wich in den folgenden Jahren einem Revanchekampf aus und gab dem Kubaner so keine Möglichkeit mehr, den Titel zurückzugewinnen.Dabei waren die beiden Spieler am Beginn ihrer grossartigen Schachkarrieren sogar befreundet gewesen. lnseiner gesamten Schachlaufbahn verlorCapablancaübrigens nur36Partien!

Am 7. März 1942, im Alter von erst 4 Jahren, erlittÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ Capablanca im Manhattan Chess Club,während ereinerPartie zuschaute,einen Herzinfarkt. Er starbÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ am 8.März 1942 im Mount Sinai Hospital,im gleichen Hospital,indem bereits einJahr zu vo rEmanuel Laskergestorben war. Capablanca wurde feierlich und mit allen Ehren in Havanna beigesetzt und Präsident Batista ordneteStaatstraueran.
1951 gab die kubanische Regierungeine25-Cent-BriefmarkemiteinemPortraitCapablancasheraus, 1982 erschien sogar eine ganze Serie!
Fabio Stassi: Die letzte Partie, Kein und Aber, Zürich 2014
Bob Chessman
Magnus Carlsen - Bill Gates
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
Er gilt als Schachgenie, und 24. Januar 2014 demonstrierte der Norweger Magnus Carlsen, 23, dem Microsoft-Erfinder Bill Gates, warum das so ist.Carlsen war zu Gast in der "Skavlan" Talk-Show des norwegischen Journalisten Fred Skavlan, produziert von Sveriges Television (SVT) und Norwegian Broadcasting Corporation (NRK). Unter den übrigen Gästen war Bill Gates, der eine Partie gegen Carlsen wagte. Sie dauerte insgesamt 71 Sekunden, wobei Carlsen nur 12 Sekunden brauchte, um Gates Matt zu setzen. Carlsen fand aufmunternde Worte für den Besiegten: „Er ist auf einen billigen Trick reingefallen, aber bis dahin waren seine Züge ganz vernünftig.“ Eine Woche zuvor hatte Carlsen schon Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im amerikanischen Silicon Valley vom Brett gefegt. Sein Resümee: „Bill Gates spielt besser, obwohl auch Zuckerberg ein grosses Talent für Schach hat.“ Aufmunternde Worte des höflichen Schachgenies!
Die Vorführung eines französischen Zauberers 1769 vor der österreichischen Kaiserin Maria Theresia hielt Wolfgang von Kempelen für wenig beeindruckend. Also erklärte er der Herrscherin, dass er eine Maschine bauen könne, die erheblich spektakulärer und verblüffender sei. Damit begann die Geschichte des Schachtürken. Der deutsch-ungarische Hofsekretär und spätere Hofrat Wolfgang von Kempelen (1734-26.3.1804) aus Pressburg/Bratislava machte sein Versprechen wahr und demonstrierte im Frühjahr 1770 seine Erfindung der Kaiserin und ihrem Gefolge. Das Publikum war beeindruckt von dem scheinbar automatischen Schachspieler, der über eine aussergewöhnliche Spielstärke verfügte.
London - Paris - USA
Nachdem Kempelen den Wiener Hof zum Staunen gebracht hatte, reiste er mit seinem Türken bis 1785 durch Europa. Er spielte in London, Paris und mehreren Städten Deutschlands vor der besten Gesellschaft. Stets war das Publikum beeindruckt. Führte Kempelen zu Beginn sein Werk noch selbst vor, übernahm diese Aufgabe später meist sein Diener Anthon.
Nach dem Tod Kempelens 1804 kaufte der Mechaniker und Schausteller Johann Nepomuk Mälzel den Türken. Damit begann die zweite Blütezeit des Schachautomaten. Mälzel ging mit ihm nicht nur auf Europatournee, sondern brach 1825 in die USA auf, wo er am Broadway seine erste Vorstellung gab. Bis zu seinem Tod 1838 reiste Mälzel mit dem Türken und anderen Automaten durch die USA und Kuba. 1840 war die Zeit des Türken vorbei und die Besucher konnten für einen Dollar das Geheimnis erfahren, worauf das Interesse rasch sank. 1854 verbrannte der Automat im „Chinesischen Museum“ in Philadelphia.
Dem Geheimnis auf der Spur
Beeindruckt von der Leistung des Automaten warCharles Babbage, der 1819 eine Partie gegen den Türken in London verlor. Er ahnte zwar, dass der Türke ein Schein-Automat war, aber er fragte sich, ob es möglich sei, einen Schachautomaten zu bauen. Seine später konstruierten mechanischen Rechenmaschinen nahmen gedanklich einige wichtige Prinzipien des Computers vorweg.
Rund 70 Jahre rätselte die feine Gesellschaft Europas über das Geheimnis des damals berühmtesten Automaten der Welt. Der grimmig blickende Schachtürke mit Fes-Hut und orientalischer Kleidung schlug fast jeden Gegner. Früh kamen Gerüchte auf, ein Zwerg sitze im Inneren. Doch von Kempelen konnte Zweifler schnell besänftigen. Sein Diener zeigte stolz die leeren Hohlräume unter dem Spielbrett. Nur ein Gewirr von Zahnrädern und technischen Instrumenten war sichtbar. Vorne und hinten, rechts und links wurden die Türen geöffnet. Es gab also auch keine Spiegeltricks. Die Wahrheit ist allerdings deutlich komplizierter.
Tatsächlich steckte in dem 1.50 Meter breiten, 95 Zentimeter hohen und 90 Zentimeter tiefen Nussbaumholzkasten ein Mensch. Von Kempelen engagierte ausgezeichnete Schachspieler, die fast alle das Geheimnis wahrten. Dank einer beweglichen Trennwand rutschte der Steuermann der Maschine zwischen linker und rechter Kammer des Unterbaus hin und her und verbarg sich beim Öffnen vor den Blicken der Zuschauer. Das wäre nicht weiter spektakulär. Darüber hinaus hat von Kempelen ein technisches Meisterwerk entworfen. Im Inneren gibt es ein ausklappbares zweites Schachbrett. Mit Hilfe ausgeklügelter Mechanik überträgt ein so genannter Pantograph per Hebelmechanik jeden Zug, den der Bediener der Maschine auf dem kleinen versteckten Brett macht, nach oben. Was sich über seinem Kopf tut, sieht er dank magnetischer Stifte unter dem offiziellen Spielfeld. Die Figuren sind mit Magneten versehen. Wie eine Marionette folgt die exotische Puppe jeder Bewegung.
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
Begeisterung für Automaten im 18. Jahrhundert
Auf Vermutungen sind wir angewiesen, warum von Kempelen den Automaten im Aussehen eines Türken konstruierte. Auf jeden Fall entsprach er damit dem Stil der Zeit. Türkischer Kaffee und Tabak waren in Wien modern. Zudem vermittelte der Türke einen Hauch von Exotik. Die Begeisterung für Automaten war im 18. Jahrhundert an den Herrscherhäusern weit verbreitet. Automatenbauer erfreuten sich hoher Wertschätzung. Am bekanntesten ist Jacques de Vaucanson, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit seinen Musikautomaten berühmt wurde. Er baute zudem eine mechanische Ente, die Körner picken, verdauen und ausscheiden konnte.
Der Schachtürke spielte gegen berühmte Persönlichkeiten
Wolfgang von Kempelen beteiligte sich an dieser Automatenbegeisterung nicht nur mit dem Schachtürken. Er konstruierte eine Sprechmaschine, die er auch im Türken einsetzte und die unter anderem „Schach“ bzw. „Échec“ sagen konnte. Der Türke spielte in seiner Karriere gegen zahlreiche berühmte Persönlichkeiten. Neben Spielen gegen Maria Theresia und Benjamin Franklin bildete vor allem die Partie 1809 gegen Napoleon in Wien den Höhepunkt seiner Karriere. Napoleon versuchte, den Türken durch unerlaubte Spielzüge zu testen. Der Türke soll zuerst mit einer Verbeugung reagiert haben und stellte die Figur an ihren richtigen Platz. Nach weiteren Täuschungsmanövern Napoleons wischte der Automat die Figuren vom Tisch und heimste sich ein Lob des französischen Kaisers ein. Zur Partie siehe den Artikel unten über Napoleon!
MODERNER NACHBAU
Das technische Meisterwerk wurde erstmals nach über 150 Jahren wieder der Öffentlichkeit zugänglich: Das Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn – das grösste Computermuseum der Welt – liess den 1854 verbrannten „Schachtürken“ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ wieder neu bauen.
Über die Geschichte des Türken gibt es zahlreiche Abhandlungen. Am ausführlichsten und spannendsten schildert sie Tom Standage in seinem Buch „Der Türke“, erschienen 2002 im Campus-Verlag.
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
Schach in Indien
Indien – eine begeisterte Schach-Nation. Seit Viswanathan Anand im Jahr 2000 erstmals Schachweltmeister geworden ist, hat die Zahl der professionellen Spieler in Indien rasant zugenommen. Bereits im Schulalter eifern viele ihrem Idol nach.
Indien ist eine Cricket-Nation. Im letzten Jahrzehnt hat der traditionelle Lieblingssport der Inder aber zumindest in privilegierteren Kreisen ernsthafte Konkurrenz bekommen. Schachspielen wird mit jedem Tag populärer. Noch vor wenigen Jahren lag Indien weit abgeschlagen hinter Frankreich, Deutschland, Russland und Spanien, was die Zahl der beim Weltverbandgelisteten Spieler anging. Doch Ende Oktober hat der Subkontinent mit über 35 200 rangierten Spielern weltweit die Führung übernommen. Auch die Zahl der Grossmeister ist in den letzten paar Jahren rasant gewachsen auf derzeit 34.
Â
Talente gefördert
Der jahrhundertealte Vorläufer des strategischen Brettspiels soll zwar aus Ostindien stammen. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts war Schach auf dem Subkontinent aber dennoch kaum verbreitet. Ein regelrechtes Schach-Fieber brach aus, als Viswanathan Anand im Jahr 2000 als erster Inder die Weltmeisterschaften gewann. Überall im Land sind seither Schach-Akademien und -Klubs aus dem Boden geschossen, und der indische Schachverband organisiert Turniere in allen Ecken des Landes und für alle Alterskategorien.
Darüber hinaus bieten die meisten Primar- und Mittelschulen heute Schach zumindest als Freifach an. In den Gliedstaaten Gujarat und Tamil Nadu (wo Anand herkommt) wurde die Disziplin offiziell in den Lehrplan aufgenommen. Auch in Delhi haben viele Schulen Schach zum Pflichtfach erklärt. An der Sanskriti School, einer der besten Privatschulen im Herzen von Delhi, werden seit 2005 alle Schüler von der 5. bis zur 8. Klasse in dem Brettspiel unterrichtet. Danach können sie auf freiwilliger Basis weiter Abendkurse besuchen.
Der Schachlehrer der Schule, Gagan Chitkara, hat früher selbst auf hohem Niveau Schach gespielt und trainiert unter anderem auch das indische Juniorenteam. «Viele Kinder können heute nicht mehr stillsitzen. Beim Schachspielen lernen sie, sich zu konzentrieren. Zudem gewöhnen sie sich an, strategisch zu denken und überlegte Entscheide zu treffen», erklärt der 38-Jährige begeistert. «Natürlich werden nicht alle Profis. Doch in jeder Klasse gibt es zwei bis drei Schüler, die überdurchschnittlich begabt sind und ins Schulteam aufgenommen werden können.»
Die 13-jährige Mehak ist eine der talentiertesten Schülerinnen Chitkaras. «Mein Vater hatte mir das Schachspielen beigebracht, als ich noch ein kleines Mädchen war. Doch mittlerweile hat er keine Chance mehr gegen mich», sagt sie lachend. Erst durch den Unterricht in der Sanskriti-Schule habe sie verstanden, dass Schach mehr sei als ein Zeitvertreib. Mehak nimmt mittlerweile mehrmals wöchentlich Privatstunden und träumt davon, eine professionelle Schachspielerin zu werden.
Computer statt reale Gegner
Auch Nirbhay spielt bereits seit der 4. Klasse Schach. «Meine Mutter hatte mich als Neunjährigen bei einer Schach-Akademie eingeschrieben, und es hat mir sofort Spass gemacht», sagt er. Heute nimmt der 17-Jährige regelmässig an Turnieren teil. «Anand ist unser Held», sagt der schlaksige Schüler. «Die meisten jungen Inder haben wie ich seinetwegen angefangen, Schach zu spielen.» [...]
Wie ihr grosses Vorbild Anand üben auch die Talente aus der Sanskriti-Schule noch in Schach-Akademien und -Klubs. Im Gegensatz zur älteren Generation greifen sie immer öfters aber auch auf Computer und Smartphones zurück, um zu trainieren. «Zum einen ist es zeitaufwendiger, mit einem realen Partner zu spielen», erklärt Soumit. «Zum anderen sind die Programme auch sehr gut geworden, und wir Inder haben ein natürliches Flair für IT.»
Gekürzter Text aus der NZZ vom 29.11.2013,ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ Autor: Andrea Spalinger, Delhi
Napoleon spielt Schach
Es hat sich herumgesprochen, dass Napoleon I. ein begeisterter, wenn auch nicht sehr begabter Schachspieler war. Einige Partien von ihnen sind auch erhalten. Wir stellen hier zwei Beispiel vor.
Die erste Partie
Napoleon Bonaparte - Madame de RemusatÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ (Château de La Malmaison | 20 März 1804 | ECO: A00 | 1-0)
1. Sc3 e5ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ 2. Sf3 d6ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ 3. e4 f5 4. h3 fxe4ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ 5. Sxe4 Sc6 6. Sfg5 d5 7. Dh5+ g68. Df3 Sh6? 9. Sf6+ Ke7 10. Sxd5+ Kd6 11. Se4+ Kxd512 Lc4+ Kxc4 13. Db3+ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ 14. Dd3 matt
Die Gegnerin war eine Hofdame der Kaiserin Joséphine, Madame de Remusat. Die Partie soll am 20. März 1804 in Schloss Malmaison gespielt worden sein, und zwar in der Nacht vor der Erschießung des Herzogs von Enghien, für den sich die Madame Remusat vergeblich eingesetzt hatte.Madame de Remusat bezeugt diese Partie in ihren Memoiren:ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ „ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ m’appela vers une table pour faire une partie d’échecs. Il ne jouait guère bien, ne voulant pas se soumettre à la marche des pièces. Je le laissais faire ce qui lui plaisait, tout le monde gardait le silence, alors il se mit à chanter entre ses dents“.
 Die zweite Partie
Napoleon I. (Weiss) spielte gegen den berühmten Schachautomaten – den sogenannten „Türken“. Dieser war vom Österreicher Wolfgang von Kempelen gebaut worden. Im Inneren der Maschine sass ein kleingewachsener Mensch, der die Züge mit Hilfe von Magneten ausführte.ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ Als Napoleon gegen den Türken spielte, war möglicherweise der deutsche Meister Johann Allgaier (1763-1823) in der Maschine. Napoleon soll dreimal gegen den Automaten gespielt haben, er verlor alle drei Partien. Unten die überlieferte Partie:
Napoleon I – Automat [Resultat "0-1"] [ECO "C20"] Schloss Schönbrunn in Wien, 1809
1.e4 e5 Johann Baptist Allgaier führte die schwarzen Steine im Schachautomaten. 2.Df3? Ein Anfängerfehler. Als wenig geschickter Kriegsherr auf dem Brett versucht Napoleon primitiv das Schäfermatt, was jedoch die eigene Dame den feindlichen Attacken aussetzt. Sc6 3.Lc4 Sf6 Pariert die Mattdrohung auf f7 und entwickelt eine weitere Figur. 4.Se2 Lc5 5.a3? Weitere Zeitverschwendung. Napoleon sollte mit 5.d3 seinem zweiten Läufer mehr Raum geben. 5…Sb4 ist nicht zu fürchten, weil 6.Lb3 den Angriff auf c2 pariert. d6 6.0–0 Lg4 Mit Tempo bringt der „Schachautomat“ seine letzte Leichtfigur ins Spiel und besitzt bereits Entwicklungsvorsprung. 7.Dd3 Sh5 8.h3 Lxe2 9.Dxe2 Sf4 10.De1? 10.Dg4 hält Napoleon im Spiel. Sd4? Der Zug reicht zum Sieg, aber Dg5! sorgt für ein baldiges Matt: 11.g4 (11.g3 Dxg3+ 12.Kh1 Weiß darf wegen der Fesselung des f-Bauern durch den Läufer auf c5 nicht nehmen. Dg2 matt) Sxh3+ 12.Kh2 Dh4 13.f3 Sf2+ 14.Kg2 Dh3+ 15.Kg1 Dh1 matt. 11.Lb3 11.Dd1 Dg5 12.Dg4 Dxg4 13.hxg4 b5 14.Ld5 c6 15.b4 cxd5 16.bxc5 Sxc2 17.Ta2 Sd4 18.cxd6 Sde2+ 19.Kh2 Sd3 20.Lb2 d4 21.a4 b4 und Weiß bringt nur unter schweren Opfern Figuren ins Spiel. 14.Lb3 erlaubt einen gewaltigen Angriff: Sde2+ 15.Kh2 g5! 16.d4 h5 17.Lxf4 hxg4 matt. Bei 16.g3 (statt 16.d4) folgt erneut h5! 17.gxf4 hxg4+ 18.Kg2 gxf4 19.Te1 – 19.Tg1 f3+ 20.Kf1 g3 21.d4 g2+ 22.Ke1 (22.Txg2 Th1+ 23.Tg1 Txg1 matt) f3+ 20.Kf1 Th1 matt. Sxh3+ Dg5 setzt erneut matt – doch der im Schachautomaten versteckte Allgaier wählt einen effektvollen Schluss fürs Publikum. 12.Kh2 12.gxh3 Sf3+ 13.Kg2 Sxe1+. Dh4 13.g3 Sf3+ 14.Kg2 Sxe1+ Sf4+ 15.Kxf3 Dh5+ 16.g4 Dh3 matt. 15.Txe1 Dg4 16.d3 Lxf2 17.Th1 Dxg3+ 18.Kf1 Ld4 19.Ke2 Dg2+ 20.Kd1 Dxh1+ 21.Kd2 Dg2+ 22.Ke1 Sg1 23.Sc3 Lxc3+ 24.bxc3 De2 matt. Kommentare von Hartmut Metz, Rochade Kuppenheim
Bob Chessman
Stefan Zweig: Schachnovelle
Die Schachfiguren von Man Ray
Wir können Man Ray (1890-1976) wahrlich als einen der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts in der Malerei, Plastik und Photographie bezeichnen. Er entwarf zwischen 1916-1920 Schachfiguren und verzichtete dabei auf traditionelle und bildliche Formen der Identifikation. Stattdessen benutzte er die “idealen Formen”, die rein geometrischen Formen von Euklid: Kubus, Kugel, Pyramide und Kegel. Ausserdem machte er ikonische Bezüge: So ist die Pyramide das ägyptische Symbol von königlicher Herrschaft und der Kegel die Form der mittelalterlichen Kopfbedeckung einer Königin. Der Läufer (bishop im Englischen) wird mit der Zubereitung exotischer Liköre und Spirituosen eines Bischofs in Verbindung gebracht und benötigt dafür einen Krug. Man Ray war auch Dadaist und so konnte er es nicht unterlassen, zumindest eine unharmonische, aber dennoch elegante Figur zu schaffen. Die Form des Springers ist die Schnecke einer Violine aus Man Rays Studio. Geometrisch betrachtet, stellt der Springer in Form einer Schnecke die Fibonacci Sequenz dar, welche das spirale Wachstum in natürlichen Formen beschreibt. (Die Fibonacci-Sequenz ist eine unendliche Folge von Zahlen, den Fibonacci-Zahlen, bei der sich die jeweils folgende Zahl durch Addition ihrer beiden vorherigen Zahlen ergibt: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13...).
Seit 2012 vergibt der Man Ray Trust die Lizenz, Nachbildungen der Figuren herzustellen. Sie sind aus Buchenholz gefertigt, ebenso wie das dazu passende Brett. Sie werden von verschiedenen Firmen im Internet angeboten. Ein Preisvergleich lohnt sich sehr!
Bob Chessman
Max Ernst und die Passion des Schachspiels
ÂÂ
Â
ÂMan Ray und Max Ernst beim Schachspiel, mit dem Figuren von Man Ray
Max Ernst war seit jeher vom Schachspiel fasziniert. Er war ein begeisterter und guter Spieler. Er teilte seine Passion mit seiner letzten Ehefrau, Dorothy Tanning und mit seinem Freund, Marcel Duchamp. Auch mit Man Ray spielte er ab und zu Schach.
Ueber das Verständnis des Spiels hinaus war er fasziniert über die Symbolik jeder Figur und über die graphischen Linien, die aus ihren Bewegungen entstanden. Er sah in einer Schachpartie eine lebende Skulptur, in der sich die Formen jeder Figur wie in einem metaphysischen Tanz begegnen.
So begann er 1929, bevor er richtig mit der Bildhauerei anfing, erste Figuren zu formen, eine Art surrealistische Modelle von Schachfiguren, einige davon in Bronze gegossen. Im Jahre 1944 nahmen seine Versuche mit der Symbolik der Schachfiguren eine neue Dimension an.Jede Figur wurde zunächst in 10 Exemplaren in Ton geformt. Zum Schluss gelang ihm die Schaffung eines kompletten Spiels aus Holz, in einer ganz aussergewöhnlichen Qualität.
Welten mit klaren Fronten
Lothar Schmid, Karl-May-Verleger und Schachgrossmeister, ist am 18. Mai 2013 in Bamberg 85-jährig gestorben.
An Karl May liebte er das Abenteuerliche und die Phantasie. Er selber betrieb das Schachspiel. Es gab eine Gemeinsamkeit zwischen beidem: die klaren Fronten. Solche herrschten auch in der Weltpolitik. Im Schach seien "Helden mit Genialität" gefragt, sagte er. Wie bei Karl May.
Weisse und Rote: Lothar Schmid, Chef desÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ Bamberger Karl-May-Verlags. (1995)
Sein Jahrgang sollte es nicht einfach haben: Geboren 1928, geriet Lothar Schmid in die Hitlerzeit. Und dann in den Umbruch auf deutschem Boden. Seine Eltern besassen in Radebeul bei Dresden eine Belle-Epoque-Villa. Sie waren hergezogen aus Bamberg, weil der Vater den ortsansässigen Karl May kennengelernt hatte und dessen Verleger geworden war. Nun gab er die bekannten grünen Bände heraus, die Karl May zum meist verkauften deutschen Schriftsteller machen sollten: «Winnetou», «Der Schatz im Silbersee», «Durchs wilde Kurdistan».
othar las als Bub alle. Er liebte sie, die edlen Apachen. Oder Old Shatterhand, den edlen Deutschen. Er liebte die Kämpfe, wo stets klar war, wer gut und wer ein Schurke war, und begeisterte sich für «Ehrlichkeit, Standhaftigkeit, Treue», wie er erzählte.
Von einem Onkel, der Pastor war, hatte er ein Schachspiel erhalten. Auf dem Brett konnte er bald selber Schlachten durchkämpfen. Und da er ein kühl denkender junger Mann war, wurde er Stadtmeister von Dresden, Gaumeister von Sachsen und Zweiter an der Reichsmeisterschaft der Hitlerjugend in Wien. Als der Krieg zu Ende war und Deutschland am Boden und besetzt, lautete sein Titel 1947 «Meister der sowjetischen Besatzungszone».
Im neu geschaffenen Staat DDR im Osten Deutschlands verschwanden die grünen Bände von Karl May aus den staatlichen Buchhandlungen. Der galt dem Regime als dekadent, religiöselnd und deutschtümelnd. Sie wurden ersetzt durch die blauen Bände von Karl Marx. Später dann, als man nicht umhin kam, auch einige Karl-May-Bücher zuzulassen, wurden diese zensuriert. «Winnetou» etwa, in dessen Einleitung steht: «Ja, die rote Nation liegt im Sterben.» Das konnte man bös missverstehen.
Weil also der Karl-May-Verlag im Osten keine Druckerlaubnis mehr erhielt, verlegten die Schmids das Unternehmen schrittweise zurück nach Bamberg, woher sie gekommen waren. Lothar, der Jus studiert hatte und als juristischer Beirat ins Geschäft eintrat, zog dahin. Und als der Gründervater 1951 starb, übernahm er mit zwei Brüdern die Leitung.
Ein freundlicher, attraktiver Mann, aber auch zurückhaltend und hartnäckig. Er befasste sich mit Rechtsfragen und Verkauf und führte etwa langwierige Verhandlungen mit DDR-Behörden um die Übertragung der Rechte aufs Westunternehmen. Selbst als die Rechte an Karl Mays Schriften ausliefen, intervenierte er erfolgreich, wenn Verlage nach Texten griffen, um sie zu publizieren, und drohte Prozesse an. Einen Triumph erzielte er in Verhandlungen mit einem Filmproduzenten, die zur Kinoreihe (mit Pierre Brice als Winnetou) führten und der Popularität Karl Mays ungeahnte Schubkraft gaben. Fast Jahr für Jahr konnte der Verlag einen neuen Band ausliefern.
Seine privaten Abenteuer auf dem Spielbrett pflegte Schmid weiter. Nachdem er 1954 in Zürich ein Turnier gewonnen hatte, erhielt er den damals noch seltenen Titel Grossmeister und galt als einer der Spitzenspieler Deutschlands, genauer Westdeutschlands. Denn man war im Kalten Krieg. Die Mächtigen spielten Geo-Schach mit den Fronten: West gegen Ost. Auch in Sport und Schach.
Anfang siebziger Jahre wagt ein junger US-Amerikaner, Bobby Fischer, den Schachweltmeister Boris Spasski herauszufordern und damit die dominierende Macht Russland. Schmid als Jurist und Schachgrossmeister wird zum Schiedsrichter bestellt im Treffen in Reykjavik, das als Jahrhundertturnier bezeichnet wird. Seine Umsicht und seine Selbstbeherrschung wird er brauchen müssen.
Erst ist nicht sicher, ob Fischer antritt, da geht's noch um Geld. Dann tut der einen dummen Zug und verliert Spiel 1. Worauf er die TV-Kameras im Raum beanstandet, die seine Konzentration störten. Er droht, abzureisen. Schmid verhandelt. «Ich habe die Ampeln zwischen Hotel und Spielhalle von der Polizei auf Grün stellen lassen, falls er es sich noch einmal überlegt.» Fischer erscheint aber nicht und verliert erneut. Als vor dem dritten Spiel auch Spasski mit Abreise droht, tut Schmid Unerhörtes. Er hält regelwidrig Spasskis Uhr an und redet beiden zu, wie es der kluge Lehrvater der Apachen, Klekih-petra, getan hätte: «Boris, du hast versprochen . . .», «Bobby, sei nett . . .» Und er drückt sie in die Sessel. Und Spasski macht halbautomatisch den ersten Zug, das Turnier ist gerettet (aus dem dann der geniale Fischer als Sieger hervorgeht).
Nach dem Untergang der DDR verhandelte Schmid über die Rückgabe des Karl-May-Nachlasses nach Dresden. Seine Geldforderungen waren horrend. Er beharrte: «Franz Kafka hat den siebenfachen Preis erzielt. Beides waren geniale Schriftsteller.»
Quelle: Willi Wottreng, NZZ am Sonntag, 2.6.2013
Bob Chessman
Friedrich Dürrenmatt: Der Schachspieler
Dieser Entwurf zu einer Kriminalerzählung, der nur wenige Seiten umfasst, ist eine Veröffentlichung aus dem Nachlass von Friedrich Dürrenmatts.
Erzählt wird die Geschichte zweier Juristen, eines alten Richters und eines jungen Staatsanwalts, die sich auf der Beerdigung des Vorgängers des jungen Staatsanwalts kennenlernen. Der Richter kommt mit dem Staatsanwalt ins Gespräch und erwähnt, dass er mit dem Verstorbenen befreundet war und sich mit ihm regelmässig zum Schachspiel getroffen habe. Auch der junge Kollege spielt Schach und man verabredet sich für den kommenden Sonntag zum Spiel. An diesem Tag ziehen sie sich nach einem Essen, bei dem auch die Tochter des Richters und die Gattin des Staatsanwaltes anwesend sind, ins Arbeitszimmer zurück. Dort spielen die beiden Juristen Schach: Jede der Figuren im Spiel repräsentiert eine vorher bestimmte Person. Wird die Figur geschlagen, muss der Spieler sie ermorden. Erleidet einer der Spieler ein Matt, dann ist er verpflichtet - so will es die tödliche Regel - sich selbst umzubringen. Die Erzählung hat noch zusätzlich eine böse Pointe.
Attraktiv wird der Band durch die handwerkliche aufwendige Herstellung und die opulente Ausstattung mit Graphiken des Zürcher Graphikers Hannes Binder, die den eigentlichen Gehalt des Bandes ausmachen, da der Entwurf der Erzählung allein kaum ein Büchlein füllen würde. Die Illustrationen sind konsequent schwarz-weiß gehalten und spiegeln im Format die Quadrate eines Schachbretts wider. Ästhetisch ist das Bändchen sehr gelungen, inhaltlich ist es etwas schmal geraten. - Ein Buch für Dürrenmatt- und/oder Schachfreunde.
Friedrich Dürrenmatt: Der Schachspieler. Ein Fragment, Officina Ludi, 28 Seiten (24,5 × 24,5 cm), ISBN: 978-3-00-022105-7
Text: Bob Chessman
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ
ÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂÂ